Sind Sie ein Zinsgewinner? Oder, warum die Reichen immer reicher werden!

Jeder von uns, der keine Kredite aber Sparguthaben hat, wird diese Frage wahrscheinlich mit ja beantworten.

Aber ist diese Einschätzung wirklich richtig?

Leider muss ich Sie enttäuschen!

Nur ein geringer Teil der Bevölkerung sind wirkliche Zinsgewinner.

Bevor wir uns dem eigentlichen Thema nähern, müssen wir zunächst noch etwas weiter ausholen.

 

Was ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP)?

Das BIP beschreibt die gesamte Produktion an Waren und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft (Österreich) innerhalb eines Jahres.

Das Bruttoinlandsprodukt kann auf drei verschiedene Arten betrachtet bzw. berechnet werden (Nicht ganz definitionsgemäß, hier aber ausreichend).

  1. Entstehungsrechnung:
    Es werden die Produktionswerte der erzeugten Waren aufsummiert (Abzüglich der jeweiligen Vorleistungen).
  2. Verteilungsrechnung:
    Es werden die unterschiedlichen Einkommensarten aufsummiert (Gewinne, Vermögenseinkommen, Steuern und Arbeitnehmerentgelte).
  3. Verwendungsrechnung:
    Es wird nach der Art der Verwendung des BIP‘s aufsummiert (Konsum, Investition, Staatsausgaben).

Interessant für unsere Fragestellung ist die Verteilungsrechnung des Bip:

Innerhalb der Verteilungsrechnung interessiert uns die Vermögenskomponente. Hierin verstecken sich auch die Zinseinkommen der Geldvermögensbesitzer.

Wenn wir einen Teil unseres Einkommens sparen (können) und es zu einer Bank bringen, dann erhalten wir dafür Zinsen (Zurzeit jedoch leider sehr mickrige!).

 

Man könnte sich auch eine Schuldverschreibung eines Unternehmens oder eines Staates kaufen.

Solange das Unternehmen oder der Staat es sich leisten können, erhalten wir auch hierfür unsere Zinsen.

 

Wie wir im Artikel „Wie kommt Geld in die Welt? Und warum darf es nicht sterben? Teil 2“ gesehen haben, bedingt jedes Geldvermögen auf der einen Seite, Schulden auf der anderen Seite.

 

Nochmals kurz zur Auffrischung:

Wenn ich mein Geld zur Bank bringe und dafür Zinsen bekomme, dann wird die Bank wohl mit meinem Geld mehr verdienen als sie mir bezahlt.

Ansonsten wäre das Geschäftsmodell der Bank nicht ganz tragfähig.

Sie veranlagt also (Vergibt Kredite, kauft Schuldverschreibungen, usw.) das Geld.

Die Kreditnehmer oder Anleiheemittenten haben also Schulden aufgenommen ==>Schulden = Vermögen!

 

Was bedeutet diese Erkenntnis nun für die eigene Zinsbilanz?

Wenn nun jedes Vermögen auf der anderen Seite zinstragende Schulden in gleicher Höhe bedingt, dann müssen die Zinsen für diese Schulden ja von irgendjemandem bezahlt werden!

 

Woher nehmen nun die Banken, die Unternehmen oder der Staat das Geld, um die Zinsen zu bezahlen?

 

Die Banken vergeben Kredite an Private, Unternehmen und dem Staat.

==> Diese bezahlen also Zinsen an die Banken.

 

Private, Unternehmen und Banken kaufen Schuldverschreibungen von Unternehmen, Banken und dem Staat.

==> Diese bezahlen also Zinsen an die Käufer der Schuldverschreibungen.

 

Der Staat erhebt Steuern, um (unter anderen) seine Zinsen zu bezahlen.

Die Unternehmen müssen die Zinszahlungen im Preis für Ihre Produkte unterbringen.  

 

Der Anteil der Zinsen am Preis eines Produktes ist dabei (meist) umso höher, je kapitalintensiver die Produktion des Produktes ist.

So steckt im Preis eines Autos ein höherer Zinsanteil, als im Preis einer Semmel.

 

Ein Beispiel:

Nehmen wir einmal an, dass ein Immobilienunternehmen ein neues Miethaus baut.

Das Haus kostet 1 Mio. Euro und beinhaltet 5 Mietwohnungen.

Das Unternehmen erbringt 200.000,-- Euro der Baukosten selbst und nimmt die restlichen 800.000,-- Euro als Kredit bei einer Bank auf.

Der Kredit wird mit 1,5 % (Ja, derzeit sind die Zinsen wirklich sehr tief!) verzinst.

Die Miete (ohne Betriebskosten) für eine Wohnung beträgt 500,-- Euro/Monat.

Das Immobilienunternehmen hat nach Vollvermietung des Miethauses nun also 30.000,-- Euro (500,-- Miete x 5 Wohnungen x 12 Monate) an Mieteinnahmen im Jahr.

Die Zinsbelastung beträgt 12.000,-- Euro (800.000,-- x 1,5 % Zinssatz) pro Jahr.

In dieser Konstellation betragen also die Zinskosten für das Produkt "Wohnung" 40 %.

Wenn die Zinsen um 1 % steigen, dann steigt der Zinsanteil bereits auf 66,67 %.

Man sieht also, wie viele versteckte Zinsen wir in diesem Beispiel bezahlen!

 

Und nun halten Sie sich fest!

Der Anteil der Fremdkapitalkosten an einem Produkt liegt im Durchschnitt bei 33 %.

(Quelle: Helmut Creutz. Das Geldsyndrom, S. 244)

 

Das heißt nun aber nichts anderes, als dass wir mit jedem Euro den wir ausgeben 0,33 Euro an versteckten Zinsen bezahlen.

Und dies auch, wenn Sie selbst keinen Kredit haben!

 

Zinsgewinner, oder doch Zinsverlierer?

Nehmen wir nun an, man verdient netto 1.500,-- Euro.

Von diesen 1.500,-- Euro werden 1.300,-- Euro konsumiert (verbraucht).

Bei 33 % Zinsanteil im Konsum beträgt der Zinsanteil pro Monat also 429,-- Euro.

Auf ein Jahr hochgerechnet ergibt sich eine versteckte Zinsbelastung in Höhe von 5.148,-- Euro.

Nehmen wir nun weiter an, dass man noch einen relativ guten Einlagenzinssatz von 1 % erhält.

Um nun mit diesem Zinssatz einen Zinsertrag von 5.148,-- Euro nach Steuern zu erzielen, muss man also ein zinstragendes Vermögen von 686.400,-- Euro besitzen.

Bei einem Einlagenzinssatz von 0,5 % müsste das zinstragende Vermögen schon über einer Million Euro liegen.

 

Es gibt also nur einen kleinen Anteil von Personen, die in unserem Geldsystem zu den Zinsgewinnern gehören!

 

Es besteht aber noch ein weiteres Problem:

Die Zinsgewinner im System konsumieren einen geringeren Teil Ihres Einkommens.

Sie sparen also mehr und damit wächst Ihr zinstragendes Vermögen.

Da Vermögen und Schulden aber gleich hoch sind, muss sich jemand anderer verschulden, um die Zinsen für das Vermögen zu bezahlen.

Eine höhere Verschuldung heißt aber auch, dass der Anteil der Zinsen an den Produktpreisen weiter ansteigt.

Da wir alle die Kosten dieser Zinsen bezahlen, kommt es zu einer ständigen Umverteilung des Vermögens von unten nach oben.

 

Eine Möglichkeit diesen Mechanismus abzuschwächen, ist es, die Zinsen zu senken.

Durch die geringeren Zinssätze sinkt der Anteil der Zinsen an den Produktpreisen.

Und wie hoch sind die Zinsen derzeit?!

 

Für Fragen stehe ich Euch wie immer gerne zur Verfügung.

 

Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag.

 

Lg

Stefan


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