Die Lebensversicherung: Sicher und ertragreich! Oder etwa nicht?

Paukenschlag in der Lebensversicherungsbranche! Die Ratingagentur Moody’s sagt den Lebensversicherungen harte Zeiten voraus.

Laut einer IMAS Studie vom Oktober 2013 besparen 41 % der Österreicher eine Lebensversicherung. Damit ist die Lebensversicherung hinter dem Sparbuch und dem Bausparvertrag die beliebteste Sparform der Österreicher.

Zunächst einmal:

In diesem Artikel gehe ich nur auf die klassische Kapitallebensversicherung (Erlebensversicherung und Er- und Ablebensversicherung) näher ein. Fondsgebundene oder Indexgebundene Lebensversicherungen oder die staatlich geförderten Zukunftsvorsorgen sind zwar ähnlich aufgestellt, werden hier aber nicht behandelt.

 

Was verbirgt sich aber hinter dieser Sparform?

Bei einer Lebensversicherung bekommt man unter anderem eine Garantieverzinsung.

Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie die Versicherungsgesellschaft diese Garantieverzinsung an Sie bezahlen kann?

Wie wir bereits auch im Artikel "Wieso werden Banken eigentlich gerettet?" gesehen haben, „arbeiten“ die Gesellschaften mit den Beiträgen der Versicherten.

 

In was wird nun aber investiert?

Die Aufteilung der Kundeneinlagen auf die einzelnen Veranlagungsformen sieht in etwa so aus:

 

Man sieht, dass der überwiegende Anteil der Kundeneinlagen in festverzinslichen Wertpapieren veranlagt wird.

Dabei handelt es sich zum Großteil um Staatsanleihen, aber auch um Bank- und Unternehmensanleihen.

 

Was sind Anleihen?

Anleihen sind nichts anderes als Kredite an die Ausgeber (Emittenten) dieser Anleihen. Wenn jemand also eine Anleihe kauft, dann ist er Kreditgeber des Ausgebers. Im Unterschied zu der gebräuchlichsten Kreditart, dem Ratenkredit, ist eine Anleihe aber in der Regel endfällig.

Das heißt, dass während der Laufzeit Zinsen gezahlt werden und am Ende der Laufzeit das eingesetzte Kapital zurückbezahlt wird.

Anleihen werden auch sehr oft unbesichert begeben.

Das bedeutet wiederum, dass im Konkursfall der Käufer der Anleihe keinen bevorzugten Zugriff auf Vermögenswerte des Anleiheverkäufers hat (Für einen Kredit verlangen Banken in der Regel Sicherheiten).

 

Nun aber zurück zur Garantieverzinsung

Die Garantieverzinsung wird von der Finanzmarktaufsicht festgelegt und hat sich über die Jahre wie folgt entwickelt:

 

1986  –  1994       3,50 %

1995  –  2000      4,00 %

2001  –  2003      3,25 %

2004 –  2006      2,75 %

2007 –  2011       2,25 %

2012  –  2012      2,00 %

2013  –  2014      1,75 %

Ab 2015               1,50 %

 

Die Garantieverzinsung gilt jeweils für Neuverträge ab diesem Zeitpunkt. Verträge, die bereits 2004 abgeschlossen wurden, weisen immer noch eine Garantieverzinsung von 2,75 % auf.

 

Die Garantieverzinsung bezieht sich jedoch nicht auf die Versicherungsprämie die man bezahlt, sondern auf den Sparanteil, der tatsächlich nach Abzug aller Kosten veranlagt wird.

Von den Versicherungsprämien werden nämlich auch noch Steuern, Versicherungskosten sowie ein eventuell anfallender Risikoanteil (Ablebensschutz) abgezogen.

 

Ohne die Kosten für den Ablebensschutz beträgt der Abzug von der Garantieverzinsung im Durchschnitt rund 0,83 % (Alle Daten für die Verzinsungen stammen aus dieser Datenquelle).

Das bedeutet, dass bei einer Garantieverzinsung von 1,5 % im Durchschnitt rund 0,67 % an Beitragsverzinsung übrig bleibt.

 

Hat man nun auch noch einen Ablebensschutz in seinem Vertrag inkludiert, so kann es auch leicht passieren, dass die garantierte Beitragsverzinsung negativ wird.

 

Da gibt es aber doch noch die Überschussbeteiligung!?

Stimmt!

Diese kommt in etwa dadurch zustande, dass die Veranlagungen der Versicherung einen höheren Ertrag erbringen als den Garantiezins.

Wie hoch war nun im Durchschnitt die Überschussbeteiligung?

Diese lag für 2014 im Durchschnitt bei rund 1,65 %. Daher ergibt sich eine Beitragsrendite von rund

2,32 % (1,5 % Garantiezinssatz + 1,65 % Überschussbeteiligung – 0,83 % Kosten).

 

Zu dieser Rendite kommen noch ein paar weitere Bestandteile (Schlussbeteiligung usw.), die die Beitragsrendite auf durchschnittlich rund 3,07 % ansteigen lässt.

 

Eine Beitragsrendite von 3,07 % hört sich ja eigentlich nicht schlecht an.

Es gibt dabei nur einen Haken!

Garantiert davon ist eben immer nur die Garantieverzinsung (Abzüglich der Kosten).

 

Wie zukunftssicher sind die Überschussbeteiligungen oder die Schlussgewinne?

Wie wir bereits oben gesehen haben, wird der Großteil der Kundenbeiträge in festverzinslichen Wertpapieren angelegt.

Diese haben in der Vergangenheit auch über einen ansehnlichen Kupon (Zinssatz) verfügt. Spätestens seit dem Anleihekaufprogramm der EZB und der anderen großen Notenbanken rund um den Globus, hat sich das aber geändert.

Die Renditen, die mit Staatsanleihen aus Deutschland, Österreich oder Frankreich verdient werden können, schrumpfen immer weiter.

Bei vielen Anleihen muss man bereits Zinsen bezahlen, damit man sie kaufen darf!

Deutschland muss für einen Anleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren derzeit nur mehr 0,07 % Zinsen zahlen, Österreich nur mehr 0,19 %.

 

Derzeit werden nur die neu eingezahlten Beiträge der Kunden, sowie die Beträge von ausgelaufenen Anleihen in diese sehr gering verzinsten Veranlagungen investiert.

Je länger die Niedrigzinsphase jedoch andauert, desto größer wird der Anteil dieser Minizinsveranlagungen.

Die Versicherer könnten (und tuen es auch bereits) auf höher verzinste Veranlagungen ausweichen. Aber, je höher die Rendite, desto höher ist im Normalfall auch das Risiko dieser Veranlagungen (Berühmtes Beispiel aus der Vergangenheit: Griechische Staatsanleihen).

 

Man kann sich also nun denken, in welche Richtung die Überschussbeteiligung in nächster Zeit gehen wird. Genau: Südwärts!

 

Die alten Verträge mit hoher Garantieverzinsung stellen für die Versicherungen ein großes Problem dar. Sollte Sie Ihre Polizze von 1995 bis 2000 abgeschlossen (Herzlichen Glückwunsch) haben, dann erhält man wie oben gezeigt eine Garantieverzinsung von 4 %. Diese Renditen können die Versicherungen im aktuellen Zinsumfeld jedoch nicht erwirtschaften, wodurch sie hier Verluste einfahren.

Moody’s hat in seiner Analyse zur Versicherungsbranche bereits davor gewarnt, dass es auch zu Zusammenbrüchen von kleineren Lebensversicherungen kommen könnte.

 

Obwohl ich nicht davon ausgehe, dass es tatsächlich dazu kommen wird, sollte man sich aber trotzdem seine Gedanken dazu machen.

 

Bei weiterhin tiefem Zinsniveau wird man sich wohl damit abfinden müssen, dass die tatsächlichen Verzinsungen bei den Lebensversicherungen nicht mehr in den Himmel wachsen.

 

 

lg

Stefan

 

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